Veranstaltung "Operationalisierung der Kreislaufwirtschaft"

Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft: Ökonomische Chancen und praktische Umsetzungsmöglichkeiten

Höher, schneller, weiter. Ein grundlegendes Prinzip unserer modernen Gesellschaft ist die Optimierung. Mit beeindruckender Geschwindigkeit haben wir Menschen die Welt verändert –insbesondere in den letzten 150 Jahren. Mit Sicherheit an vielen Stellen zum Positiven, mit Sicherheit in ökologischer Hinsicht auch zum Negativen. Sind wir an den Grenzen des Wachstums angelangt? Müssen wir zurückbauen, um die Umwelt zu schonen? Oder gehen Wachstum und Nachhaltigkeit möglicherweise auch in Einklang miteinander? 

In unserer Veranstaltung zum Thema Kreislaufwirtschaft am 19. Februar trafen wir uns daher mit einer gemeinsamen Vision: eine Welt, in der das Ende eines Produktes nicht die Entsorgung bedeutet, sondern vielmehr ein Ausgangspunkt sein kann. ExpertInnen aus Wissenschaft und Praxis brachten Impulse in Form von Vorträgen in die digitale Veranstaltung ein. Christina Ruschitzka von der Complexity Management Academy, Dr. Sarah Lichtenthäler vom Institut der Deutschen Wirtschaft und Prof. Sascha Peters von Haute Innovation sendeten die Botschaft, dass Kreislaufwirtschaft nicht nur limitierend, sondern durchaus auch wirtschaftlich effizient sein kann. Unser Team „Produktionssystematik und Industrie 4.0“ unter der Leitung von Nikolai Kelbel und Steffen Wurm hatte bereits am 06. September 2023 im ersten Teil der Veranstaltungsreihe, die sich rund um die Circular Economy dreht, eine Einführung in das Thema gegeben. Die „Operationalisierung der Kreislaufwirtschaft“ bot Teilnehmenden nun eine Vertiefung.

Zirkuläre Geschäftsmodelle | Ökonomische Chancen der Kreislaufwirtschaft

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Christina Ruschitzka

Complexity Management Academy

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Christina Ruschitzka von der Complexity Management Academy, einer Ausgründung der Abteilung Innovationsmanagement des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen, referierte zum Thema „Zirkuläre Geschäftsmodelle | Ökonomische Chancen der Kreislaufwirtschaft“. „Wir stehen vor der Herausforderung, einen Wandel erzeugen zu müssen. Denn aktuell haben wir die Rahmenbedingungen von Überproduktion, Überkapazität. Wir entwickeln möglichst viel und stellen das in großen Stückzahlen den Kunden zur Verfügung und leben damit in einer sogenannten Wegwerfgesellschaft.“ Gerade in der Autoindustrie sehe man sich mit dem Phänomen eines hohen Konkurrenzkampfs unter den Anbietern und letztendlich auch mit hohen Kundenanforderungen nach ständig neuen Features konfrontiert. Diese Aspekte führen laut Ruschitzka dazu, dass Produkte wie Autos, die deutlich langlebiger sein könnten, ständig überholt werden. Service würde verfrüht eingestellt und Updates nicht mehr angeboten, um den Verkauf neuerer Produkt-Generationen zu erzwingen. Es brauche einen Paradigmenwechsel weg von der linearen und hin zur zirkulären Wirtschaft. Um dessen Umsetzbarkeit aufzuzeigen, stellte Christina Ruschitzka vier Strategien für Zirkuläre Geschäftsmodelle vor:

  1. Zirkulieren: Materialien werden wiederverwendet
  2. Verlängern: Die Nutzungsphase eines Produkts wird verlängert
  3. Intensivieren: Die Nutzung eines Produkts wird erhöht durch z.B. Sharing-Konzepte
  4. Dematerialisieren: Die Leistung eines Produkts wird weniger physisch mittels Hardware, sondern verstärkt durch Software und Services erbracht (z.B. Streamingdienste statt DVD-Verleih)

Anhand von Praxis-Beispielen, die solche Strategien nutzen, zeigte die Referentin schließlich auf, dass eine Gleichrichtung von Wirtschaftlichkeit und Zirkularität durchaus möglich ist. So ermögliche zum Beispiel ein großer Lagerhersteller durch die Rücknahme, Wiederaufbereitung und den Wiederverkauf ihrer Lager den Kunden Einsparungen im teilweise sechsstelligen Bereich im Vergleich zu Neuanschaffungen – neben der Einsparung von CO2-Emissionen. Mit Verweis auf eine Benchmark-Studie erklärte Ruschitzka, dass Top-Performance-Unternehmen bereits intensiv daran arbeiten, Kreisläufe entlang ihrer Wertschöpfungskette zu schließen.

Quotation Marks

„Wir stehen vor der Herausforderung, einen Wandel erzeugen zu müssen. Denn aktuell haben wir die Rahmenbedingungen von Überproduktion, Überkapazität. Wir entwickeln möglichst viel und stellen das in großen Stückzahlen den Kunden zur Verfügung und leben damit in einer sogenannten Wegwerfgesellschaft.“

Produkte und Dienste für eine Circular Economy: Wie zirkulär sind deutsche Unternehmen?

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Dr. Sarah Lichtenthäler

Institut der deutschen Wirtschaft

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Dr. Sarah Lichtenthäler, Expertin für Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Ressourcen-/Rohstoff-Ökonomie vom Institut der deutschen Wirtschaft, widmete sich im zweiten Vortrag dem Thema „Produkte und Dienste für eine Circular Economy: Wie zirkulär sind deutsche Unternehmen?“. Auch sie stellte klar, dass Zirkularität nicht bedeute, wirtschaftliches Wachstum einzuschränken. „Und das ist genau der Punkt, der mit dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft durchbrochen werden soll. Ich möchte weiterhin natürlich als Wirtschaft wachsen, denn darauf bin ich letztlich angewiesen. Ich möchte das aber nicht länger an den immer steigenden Verbrauch von Ressourcen koppeln, sondern diesen eben entkoppeln.“ In der Folge stellte Dr. Lichtenthäler ebenfalls verschiedene strategische Ansätze vor, wie das Thema zirkuläre Geschäftsmodelle angegangen werden kann. Teil ihres Vortrags waren auch die Ergebnisse des IW-Zukunftspanels, einer durch das Institut jährlich durchgeführten Befragung von Unternehmen aus dem Produzierenden Gewerbe und den Dienstleistungsbranchen. In den letzten zwei Jahren lag dabei der Fokus auf Kreislaufwirtschaft/Ressourceneffizienz. Als ein zentrales Ergebnis der Studie betonte Dr. Lichtenthäler: Je mehr zirkuläre Strategien Unternehmen verfolgen, desto wirtschaftlich erfolgreicher seien sie auch im Durchschnitt. Auch wenn viele Unternehmen laut der Studie beim Thema zirkuläre Geschäftsmodelle eher noch am Anfang stünden, seien durch das Phänomen „Made in Germany“ wichtige Voraussetzungen für eine zeitnahe Umsetzung bereits gegeben. Denn durchschnittlich würden deutsche Produkte ohnehin eine hohe Qualität und Langlebigkeit besitzen. Der Schritt zur Zirkularität sei also vergleichsweise klein. Er müsse nur eben gegangen werden.

„Und das ist genau der Punkt, der mit dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft durchbrochen werden soll. Ich möchte weiterhin natürlich als Wirtschaft wachsen, denn darauf bin ich letztlich angewiesen. Ich möchte das aber nicht länger an den immer steigenden Verbrauch von Ressourcen koppeln, sondern diesen eben entkoppeln.“

Zirkuläre Materialien für das automobile Interior

Prof. Sascha Peters ist Geschäftsführer von Haute Innovation, einer Zukunftsagentur für Material und Technologie. Er stellte mit Hilfe von Beispielen aus der Unternehmenspraxis dar, wie Zirkularität im automobilen Interieur bereits heute funktionieren kann. Ein großer Teilaspekt der Kreislaufwirtschaft sei es, künstliche oder aus begrenzten Rohstoffen gewonnene Materialien durch biologische, unbegrenzt zur Verfügung stehende Materialien zu ersetzen. So verwies er etwa auf die Möglichkeit zur Nutzung von PLA-Materialien als Alternative zu Aluminium, wodurch CO2-Einsparungen von über 90% möglich seien. Den gleichen Effekt, so Prof. Peters, könne man auch mit Kunststoffersatz aus Papier in Teilbereichen des automobilen Interieurs erzielen. Daneben stellte er auch Konzepte vor, bei denen konventionelle Materialien mit biologischen kombiniert werden könnten. So zeigte Prof. Peters Konzepte aus der Autowelt, die Teilelemente aus Holz verwenden, um etwa Aluminium oder Kunststoffe zu ersetzen. Seine Beispiele reichten von Materialien aus Kombucha-Tee oder Kork-Granulat bis hin zu Kokosfaser oder Meerestieren.

 

Die drei Impulsvorträge aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht illustrierten die Vielfalt der Ansätze und Umsetzungsmöglichkeiten der Kreislaufwirtschaft. Sie zeigten auf, dass die Umstellung zur Kreislaufwirtschaft nicht mit sinkender Wirtschaftlichkeit einhergehen muss, sondern diese aktuellen Studien zufolge eher verbessert. Wir danken allen Vortragenden und Teilnehmenden für Ihr Engagement.

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Kreislaufwirtschaft ist ein Treiber für Wettbewerbsfähigkeit und bietet Unternehmen diverse Vorzüge. Daher ist das Thema einer unserer Schwerpunkte bei TrendAuto2030plus, um insbesondere kleine und mittlere Unternehmen der Auto- und Zulieferbranche auf dem Weg zum Wandel zu unterstützen.

In unserer Studie „Enabling Circular Production“ ermitteln wir erfolgreiche Beispiele für die Umsetzung von Kreislaufwirtschaft in Unternehmen und teilen diese Beispiele mit anderen. Nehmen Sie an der Studie teil.

Bei unserem KMUp am 15. November 2023 trafen KMU auf Start-Ups, um sich gegenseitig zu inspirieren. Unter anderem stellten die Unternehmen ihre Ideen im Bereich Kreislaufwirtschaft vor. Werfen Sie einen Blick auf diese Beispiele in unserem Nachbericht. Auch 2024 findet das KMUp wieder statt. Gastgeber ist das AI Village in Hürth. Nehmen Sie an der Veranstaltung am 04.September 2024 teil, um auch dort Impulse für Zirkularität zu erhalten.

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